... damit sie das Leben haben und es in Fülle haben

Am 01. Mai 1990 - wurde die Josef Statue in unserer Kirche geweiht. Es sind also jetzt 30 Jahre, dass der Hl. Josef als "Hausherr" beim Eingang unserer Kirche steht.
Der Künstler, Josef Fischnaller, der unseren Josef geschaffen hat, hat ein paar Gedanken zu seinem Werk niedergeschrieben:
"Einladend steht Josef nahe dem Eingang. -
Er begrüßt die Kommenden.
Er lädt uns ein, dass wir immer wieder einmal das "Werkzeug" aus der Hand legen,
Und er führt uns erst einmal durch seine" Werkstatt",
und dann hin zu seinem Sohn.
Aber ist er nicht gerade dadurch wahrhaftig zu uns?
Ist nicht die Erde eine "Werkstatt", wo wir lernen werktätig Maß zu nehmen, um Maß zu geben?
Ein jeder nach seinen Talenten?
Mir gefällt dieser Gedanke immer wieder:
Die Erde unsere "Werkstatt", wo wir tätig sind, ein jeder nach seinen Talenten. Unsere Erdenzeit ist eine "Lehrzeit", damit wir "Meister" werden, in der "Kunst des Lebens". "Maß nehmen" für unsere Lebensgestaltung dürfen wir "am Sohn des Zimmermanns", an Jesus, an seiner Art zu leben und das Leben zu deuten, an seinen Worten und an seinen Taten.- Er ist unser "Meister".
"Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben!." so heißt es im heutigen Evangelium.
Das ist die Absicht unseres "Meisters":
dass wir das Leben haben, das Leben in Fülle.
Liebe Schwestern und Brüder!
Mit dem Bild vom guten Hirten, der das Beste will für die ihm anvertrauten Herde, veranschaulicht Jesus, was seine Absicht ist.
"Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben
und es in Fülle haben!"
Das Leben haben, ein Leben in Fülle - wer wünscht sich das nicht?
Wenn ich an die gegenwärtige "Krise" denke und an all das, was sie mit sich bringt, dann frage ich mich schon:
Ist das noch ein Leben, wie man es sich wünscht?
Ehrlich gesagt, ich möchte nicht immer so leben.
Ich hoffe schon, dass man sich bald wieder die Hand geben darf, oder ein "Busserl", zur Begrüßung.
Ich wünsche mir schon, dass man - ohne Angst - in Berührung kommen darf mit anderen, wie z. B. Großeltern mit ihren Enkerln, oder die Kranken mit ihren Angehörigen. Ich möchte schon, dass man Gemeinschaft erleben kann, ohne Angst jemanden "anzustecken" oder "angesteckt zu werden".
Wenn man mit einer Maske durch die Gegend laufen muss, wenn man sich nicht frei bewegen darf...so stelle ich mir "ein Leben in Fülle" nicht vor.
Ich freu mich schon drauf, wenn wir endlich wieder miteinander Gottesdienst feiern können, hier in unserer Kirche. Es ist ja eine gute Sache, wenn man daheim vorm Bildschirm mitfeiern kann.
(Es hat auch seinen Vorteil: man kann abschalten, wenn man will und der Klingelbeutel erreicht einen auch nicht.)
Aber es fehlt doch etwas: das Miteinander, das gemeinsame Singen und Beten. Die Nähe der anderen. Auch die Zeit am Kirchenplatz, das Reden miteinander, oder das Zusammensein im Pfarrkaffee fehlt mir.
Wie sehr die ganze Krise sich wirtschaftlich auswirken wird, ist noch gar nicht abzusehen. Es wird eine Herausforderung sein, für uns alle.
Es gibt viele, die arbeitslos geworden sind, die nicht wissen, wie sie über die Runden kommen, die Stress haben mit der Schule oder Probleme in den Familien usw.
Ja, wie wird es weitergehen? - fragen sich viele, ängstlich und besorgt.
Und trotzdem: Manche können dieser Situation auch Gutes abgewinnen: sie genießen die Ruhe, die sternklaren Nächte, die Gemütlichkeit zuhause - und alles, was jetzt nicht sein muss.
Viele Menschen, so habe ich den Eindruck, sind in dieser Zeit nachdenklicher geworden.
Ist es sinnvoll, wie wir leben und wirtschaften?
Worauf kommt es denn wirklich an?
Was braucht es, um ein gutes Leben zu haben, ein Leben "in Fülle"?
"Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben
und es in Fülle haben!" verspricht Jesus.
Sie kamen zu ihm, viele, die sich nach einem guten, erfüllten Leben sehnten. Seine Worte gaben ihnen Orientierung, seine Vision vom "Himmelreich" ließ sie an eine gute Zukunft glauben. Seine Art umzugehen, vor allem mit denen, "die übel dran waren", war wunderbar und heilsam.
Sie bekamen eine Ahnung davon, was es heißt "ein erfülltes Leben" zu haben.
Und viele folgten ihm nach.
"Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben - und es in Fülle haben."
Wenn wir Jesus als unseren "Meister" sehen, wenn wir bei ihm, dem "Sohn des Zimmermanns", in die Lehre gehen, wenn wir "Maß" nehmen, an ihm, an seinen Worten und Taten, dann werden wir ein gutes Leben, ein erfülltes Leben finden.
Ich habe schon die Hoffnung, liebe Schwestern und Brüder, dass wir aus dieser Krise, "gewandelt" herauskommen.
Wir werden aufmerksamer und bewusster leben.
Wir werden in unserem Umgang miteinander - und mit unserer Umwelt - mehr als vorher darauf achten, was denn wirklich "dem Leben dient".
Zurück zu unserem Josef, dem Arbeiter.
Er begrüßt die Kommenden.
Er lädt uns ein, dass wir immer wieder einmal das "Werkzeug" aus der Hand legen,
uns versammeln um unseren "Meister",
um neu "Maß zu nehmen" für unser "Lebenswerk".
Er verabschiedet uns, wenn wir hinausgehen, an unser
"Werk" und tätig sind - nach seinem Maß - ein jeder nach seinen Talenten.
Unsere Absicht, liebe Schwestern und Brüder, soll immer im Sinn unseres "Meisters" sein:
"damit wir das Leben haben und es in Fülle haben".